Die Schweiz und die EU haben die Verhandlungen über ein neues Paket von Abkommen materiell abgeschlossen. Die interessierte Öffentlichkeit möchte wohl vor allem wissen, was in den Abkommen drinsteht und wo allenfalls das nationale Recht angepasst werden muss. Etwas vergessen geht derweil, dass sich die Schweiz auf neue institutionelle Strukturen wird einstellen müssen.
Der Bundesrat teilte am Freitag, den 20. Dezember 2024, mit, er habe mit Befriedigung vom materiellen Abschluss der Verhandlungen Kenntnis genommen. Die wichtigsten Ergebnisse wurden in Fact Sheets kommentiert. Die Abkommen sollen im Frühjahr 2025 rechtlich bereinigt werden, bevor sie paraphiert werden können. Mit der Paraphierung werden die Verhandlungen formell abgeschlossen sein.
Der Bundesrat gab weiter bekannt, das EDA werde gemeinsam mit den anderen interessierten Departementen sowie der Bundeskanzlei den Entwurf einer Botschaft für das Gesamtpaket Schweiz–EU vorbereiten. Er werde dann entscheiden müssen, ob er vor der Sommerpause eine ordentliche Vernehmlassung über den Entwurf der Botschaft eröffnen wolle.
In seiner Pressemitteilung äusserte sich der Bundesrat zu drei Themen, die in der künftigen Botschaft behandelt werden sollen.
- Die Botschaft wird zunächst eine Bewertung der ausgehandelten Abkommen enthalten.
- In der Botschaft sollen zudem die Anpassungen präsentiert werden, die im nationalen Recht vorgenommen werden müssen. Es geht in diesem Zusammenhang vor allem darum, einen kontraproduktiven Perfektionismus im Sinn eines «Swiss Finish» zu vermeiden. Bei den staatlichen Beihilfen und der Zusammenarbeit mit den europäischen Behörden und Gremien im Stromsektor stellen sich besondere Rechtsfragen.
Ferner kündigte der Bundesrat an, er werde sich zu flankierenden Massnahmen äussern.
Nicht erwähnt wird, ob der Bundesrat einen Handlungsbedarf im institutionellen Bereich sieht. Hier stellen die Abkommen die Schweiz vor neue Herausforderungen. Diese wird sich auf einen Streitbeilegungsmechanismus mit einem Schiedsgericht und dem Europäischen Gerichtshof einstellen müssen. Es wäre in ihrem Interesse, dass sie die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen trifft, damit sie ihre Interessen wirksam in den Streitbeilegungsverfahren geltend machen kann. Dies bedeutet u.a., dass Zuständigkeiten festgelegt, Kapazitäten aufgebaut und Entscheidungsabläufe definiert werden. Diesbezüglich hat die Schweiz im Vergleich zur EU noch erheblichen Nachholungsbedarf. Denn diese verfügt in diesem Bereich unbestrittenermassen über erhebliche Erfahrung.